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Pskow: …und gesegnet seist du

Meine Stirn bestand aus einem Meer ätherischer Öle. Vom Weihrauch war mir schlecht geworden. Ich wischte meine Hände am Kopftuch ab und ging schnellen Schrittes Richtung Ausgang. Wir sind doch hier nicht auf Pilgerfahrt, schoss es mir durch den Kopf.

Ein bisschen Weihwasser gefällig?
Ein bisschen Weihwasser gefällig?

Pskow: Ikonen, Kirchen, trallala

Ich hatte mit Tanja, der Köchin vom ZDF, vereinbart, dass wir zusammen in den Urlaub fahren. Unsere Wahl fiel auf die russische Kleinstadt Pskow an der Grenze zu Estland. Es ist eine der ältesten Städte Russlands – mit tausenden Kirchen und unglaublich vielen Ikonen. Unglaublich. Vielen. Ikonen.

Meine erste Nachtfahrt mit der russsichen Eisenbahn

Endlich! Es wird ja immer gesagt, Russland sollte man mit dem Zug erkunden. Und wenn ihr Russisch lernt, wisst ihr auch, dass die ganzen Lehrbücher voll mit Texten zur russischen Eisenbahn sind. Ich glaube, es gibt fast in jedem Buch etwas über на поезде (im Zug). Tanja ich hatten uns in ein купе (Viererabteil) eingebucht. Zwölf Stunden Fahrt standen uns bevor – einmal durch die russische Nacht.

Das klingt jetzt alles sehr aufregend. Die Wirklichkeit sah etwas anders aus. Das Gute war, dass Tanja Köchin ist und einen ganzen Batzen leckeres Essen für uns dabei hatte.Das Schlechte war, dass – Überraschung – unsere Mitreisenden im Abteil lauthals schnarchten, die Toiletten nach kurzer Zeit wie ein Zoogehege dufteten und dass der Zug mehrere Stunden nachts grundlos irgendwo stehen blieb.

Die Schulbank drücken in Pskow

In Pskow angekommen, ging’s für uns erstmal in die Schule. Ja genau, richtig gelesen. Denn unsere Pskower Freunde arbeiten dort und Schulleiterin Svetlana 1 (an der Schule arbeiten sechs Svetlanas, die alle durchnummeriert werden) führte uns stolz durch das Gebäude, bis wir nach Stunden wirklich jeden einzelnen Winkel kannten. Und was kann man in Pskow noch so unternehmen?

Kirchen, Klöster, Kerzen

Wer Kirchen und Klöster mag, der wird hier fündig. Es gibt zahlreiche kleinere und größere Gotteshäuser, imposant oder schlicht. Wer mag, kann Wunschlisten schreiben oder ein paar Kerzen anzünden. Wir besuchen auch das Kloster, in das Putins mittlerweile Ex-Frau Ludmilla zum beten kommt.

Ludmilla Putin ist hier ein häufiger Gast
Ludmilla Putin ist hier ein häufiger Gast: Yeleazarov-Kloster

Petchory-Kloster

Wer etwas nördlich von Pskow reist, kann das Petchory-Kloster besuchen. Es lohnt sich! Hier sind gleich mehrer Bauwerke aus dem 16. jahrhundert erhalten.

Pushkinskije Gory – Pushkin-Berge

…oder so ähnlich. Eine schöne Landschaft und erholsame Spaziergänge erwarten einen in dieser Siedlung südöstlich von Pskow. Sie wurde erst 1925 nach dem russsichen Schriftsteller Alexander Puschkin benannt. Warum? Der Dichter hatte dort ein Anwesen, wo er einige seiner bedeutendsten Schriftstücke verfasste.

...und gesegnet seist du

Gefühlt tausend Kirchen und abermillionen Ikonen später besuchen wir das Higlight Pskows: Den Kreml (ja, es gibt nicht nur in Moskau einen Kreml). Zufälligerweise war zur Zeit unserer Reise gerade Palmsonntag – das bedeutet, dass alle Gläubigen mit Weidenkätzchen durch die Gegend liefen, die Kirchen noch weihrauchiger waren und an den Glaskästchen mit den Reliquen noch mehr rote Lippenstiftkussmünder zu sehen waren. Denn in orthodoxen Kirchen werden alle heiligen Dinge geküsst.

Eingehüllt in meinen Wickelrock und ein riesiges Kopftuch wollte ich mich gerade wieder aus dem Kreml bewegen, als Tanja mich zu sich rief. Ich erblickte den Priester neben ihr, doch da war es schon zu spät. Mit einem großen Schwung ätherischer Öle malte er mir ein großes Kreuz auf die Stirn. Sekunden später hatte ich seine prunkvolle Kreuzkette im Gesicht, die ich küssen sollte. Hmm, nee, vielleicht ein anderes Mal. Erstmal genug für heute. Ciaoi!

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