Wir wollten eigentlich nicht nach Borjomi. Aber jegliche Umstände hatten uns in die südgeorgische Stadt verschlagen – und es war gar nicht mal so übel.
Mit 130 km/h durch Südgeorgien
An diesem Morgen wollten wir mit einer kleinen Reisegruppe nach Vardzia, eine der größten Höhlenstädte der Welt. Doch schon innerhalb weniger Stunden hatte sich die Reisegruppe so verkleinert, dass nur noch Rebecca, ich, Tourguide Leo und sein bester Freund Irakli übrig blieben.
Wir beschlossen, mit Iraklis Wagen zu fahren, denn Irakli arbeitete für das Justizministerium in Tiflis und war somit vor sämtlichen Polizeikontrollen und Tempolimits gefeit. So rasten wir mit Jay Z’s Roc Boyz Matoma Remix und mit 130 km/h anstatt der vorgeschriebenen 30 km/h durch die serpentinenlastige südgeorgische Landschaft.
40 °C Außentemerpatur, 40 Vol. Alkoholgehalt, 40.000 Serpentinen
Nach ein paar historischen Stopps hielten wir an einem Supermarkt in Akhaltsikhe und die beiden Jungs verließen das Auto mit den Worten „We gonna get some Cocktails“. Ahja. Gehört das zum Programm?
Irakli, der an diesem Tag deutlich gezeichnet war von einer durchzechten Nacht sowie einem Missbrauch sämtlicher chemischer Drogen, ließ sich nun mit einer Flasche Wodka und mehrern Energydrinks auf den Beifahrersitz fallen. Bis auf Leo, dem Fahrer (wie vorbildlich!) bekamen wir alle einen großen Plastikbecher Wodka Red Bull. Leo lachte „Ladies, am Ende dieses Ausfluges werdet ihr total betrunken sein“. Schauen wir mal.
Ich trank etwas von dem Getränk, doch angesichts der Außentemperatur von knapp 40°C blieb es eher bei ein paar Schlucken. Als die Jungs zum Pinkeln gingen, schüttete ich 2/3 des Getränks unters Auto und prostete mit den letzen paar Schlückchen Irakli zu, der seinen Becher schon leer hatte.
Die heiligen Tränen der Tamari
Leo ist der selbsternannte König der Borjomi Region. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Das war ein großer Vorteil für uns, denn somit mussten wir nicht in sengender Hitze zu der Höhlenstadt hochlaufen – denn Leo kannte praktischerweise den Pförtner. Auch einen Mönch, der noch in Vardzia lebte, kannte unser Leo. Fernab der Touristenströme wurden wir in eine dunkle Höhle bugsiert und tranken dort die heiligen Tränen der Tamari (heiliges Wasser, das von der heiligen Höhlendecke tropft oder so). Die heiligen Tränen sind eigentlich nur den Mönchen dort vorenthalten. Jetzt sind wir also heilig. Noch heiliger als vorher.
Ein Bett im Hanffeld, das ist immer frei
Nach einer kurzen Abkühlung unter einem riesigen, rostigen Wasserrohr, aus dem das Wasser verschwenderisch wie aus einer großen Dusche spritzte, kamen wir zufällig an einer Gruppe Georgier vorbei, die gerade ein Picknick machten. Sie luden uns ein! Natürlich gab es leckeren georgischen Rotwein. Und noch mehr Rotwein. Und noch mehr. Und noch ein Tost auf dies und jenes.
Plitschnass und leicht angetrunken traten wir unsere Rückreise an. Kurz vor Borjomi wollten Rebecca und ich noch einen kurzen Stopp einlegen. Ob es der Rotwein war oder der leichte Sonnenstich ist ungewiss, doch voller Enthusiasmus rannten wir auf die nächstgelegene Wiese und waren innerhalb von Sekunden von tausenden Cannabispflanzen umgeben. Leo und Irakli folgten uns, auf Iraklis T-Shirt stand „Stoned like a Statue“ – das könnt ihr euch ja selbst übersetzen.