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Schiraz: „Wir kommen in den Park, um Englisch zu lernen“

Die iranische Jugend hat die Schnauze voll. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der qualifizierte Nachwuchs das Land verlassen wird. Ein Leben zwischen Träumen und Realität.

Schiraz: Flitterwochen am Hafez Grab

Ein neuer Tag, ein neuer Abend. Die Sonne versinkt langsam hinter den Dächern der südiranischen Großstadt und taucht Schiraz in einen abendlichen Goldton. Zeit für einen kleinen Spaziergang, denn unter unseren tausend Kleiderschichten wird es tagsüber doch zumeist recht warm.

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Am frühen Abend in Schiraz, Iran.

Unser Ziel ist das Grab des berühmten persischen Dichters Hafez. Auf dem Weg dorthin werden wir von ein paar Typen im Auto verfolgt, daher gehen wir erst einmal in Ruhe Falafel essen! Von außen sieht der Laden ranzig aus, aber die Falafel ist einer der besten, die ich je gegessen habe. Der Tisch mit der pinken Tischdecke direkt neben der Straße wird zu unserem Stammplatz.

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Best Falafel in town

Nach der Stärkung werden wir kurz danach von einem iranischen Paar gestoppt „Photo please“. Danach bekommen wir Süßigkeiten geschenkt. Mittlerweile ist es stockduster.Am Eingang handeln wir wieder den Preis runter, jaja, es klappt. Drinnen ist es schön grün, ein paar Menschen spazieren ruhig durch die Gässchen der Gartenanlage oder setzen sich auf die kleinen Mauern, um sich auszuruhen.

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Plötzlich spricht uns ein iranisches Pärchen auf Englisch an. Sie verbringen ihre Flitterwochen in Schiraz und kommen jeden Abend zum Hafez Grab, um ihr Englisch mit Touristen zu üben. Denn ihr größter Traum ist es, nach Kanada auszuwandern. „Jeder der kann, verlässt das Land“, sagt Ehemann Ali und lacht. Doch sein Lachen wirkt traurig.

Nachtrausch

„Kommt mit, wir machen einen Ausflug“. Das haben wir hier schon oft gehört, aber wussten eigentlich nie, wohin die Reise ging. Davon einmal abgesehen, dass sich die Pläne im Iran sowieso minütlich ändern, ohne dass man es mitbekommt.

Wir steigen in Alis Karre, aus den Boxen tönt arabische, persische und amerikanische Musik. Er dreht lauter. Und lauter. Die Party findet hier im Auto statt. Wir rasen durch die Straßen, fahren immer wieder den gleichen Highway auf und ab, die Straße ist der Dancefloor. Nur einmal halten wir kurz, um Eis zu holen. An den Brücken hängen Bilder der geitslichen Führer des Landes. Ali kurbelt das Fenster runter und zeigt ihnen den Mittelfinger. „Ihr habt unser Land zerstört, ich hasse euch“. Bald sind sie in Kanada, weit weg von denen, die ihnen viele Freiheiten nahmen, davon ist Ali fest überzeugt.

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Früheres Stadttor von Schiraz

Wir fahren in den höchsten Stock des teuersten Hotels in Schiraz. Zeit für einen Mocktail (da im Iran öffentlich kein Alkohol verkauft wird, werden die alkoholfreien Cocktails liebevoll so genannt). Plötzlich kommt ein fremder Mann hinzu. „Mein Cousin“, sagt Ali. Wie gesagt, man weiß im Iran morgens nie, was der Abend bringt – oder die nächste Viertelstunde.

Auf nach Persepolis! Aber erst einmal zum Fotografen. Hä?

Am nächsten Morgen hatten sich die Pläne bereits wieder geändert, bevor sie ausgereift waren. Als wir vom Frühstück kamen, erwarteten uns unsere drei Freunde bereits in der Hotellobby. Sie sahen aus, als hätten sie es extrem eilig. Etwas gehetzt stiegen wir zu ihnen ins Auto, im Glauben, wir würden nach Persepolis fahren. Doch schon nach zehn Minuten Fahrt hielten wir wieder an.

„Kommt mit, das müsst ihr euch anschauen“. Wir stiegen aus dem Wagen und folgten den Dreien (ja,der Cousin war auch wieder mit dabei, weil als Tourist ist man hier total das Event;-)) eine enge Wendeltreppe hinauf und landeten in einem kleinen Fotostudio.

„Wir stellen jetzt unser Fotobuch und unseren Hochzeitsfilm zusammen“ wurde uns offenbart. Achso. Und Persepolis? „Danach fahren wir sofort nach Persepolis, wir haben den Plan etwas geändert“ Achso. Stolz präsentierte uns das frischgebackene Ehepaar ein Hochzeitsfoto nach dem anderen, die Teegläser leerten sich und wurden wieder gefüllt.

Persepolis – Trümmer und Tränen

Dann endlich war es soweit. Mit lauter Musik düsten wir durch die staubigenStraßen nach Persepolis. Unterwegs kauften wir noch frische Pistazien am Straßenrand.Yummy!

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Ganz frische Pistazien

Angekommen, versuchten die Drei uns iranische Eintrittskarten zu besorgen, da diese nur einen Bruchteil des normalen Touri-Preises kosten. Doch der Wachmann wollte uns nicht durchlassen, da wir nicht iranisch aussahen (Überraschung!). Am Ende ließ er uns doch durch, unter der Bedingung, wir sollten beim Rausgehen nachzahlen. Jaja…, machen wir. Nicht.

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Die Mittagssonne knallt auf Persepolis

Persepolis lag nun vor uns. Es war beeindruckend – aber leider auch wahnsinnig heiß. Dann hörte ich nur ein Schluchzen. Unter Samiras Sonnebrille liefen Tränen über ihre Wangen. „Die iranische Kultur war so groß, so reich. Und das ist das was bleibt. Trümmer“, sagt sie und wischt sich ihre Tränen weg. Dem war nichts mehr hinzuzufügen.

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