Ich denke, jede Frau kann ein Lied davon singen: Von einem fremden Mann im Urlaub verfolgt zu werden. Ich möchte euch heute meinen persönlichen Rekord vorstellen: Drei Stunden. Ja, richtig gelesen: Drei. fucking. Stunden. Also, ich finde so interessant ist mein Leben ja dann auch nicht…
Gyumri, Armenien.
Gyumri. Was sich wie eine Kaugummisorte anhört, ist in Wahrheit eine Stadt im Norden Armeniens. Sie erlangte traurige Berühmtheit durch ein Erdbeben, bei dem 1988 ca. 25.000 Menschen starben. Aber das wird euch jeder dort erzählen. Jeder erzählt von diesem Erdbeben in Gyumri.
Wir waren hier per Anhalter gelandet. Es ist eine nette Kleinstadt, wo nicht besonders viel geht, aber wo man auf den Markt gehen und ein bisschen umherschlendern kann.
Armenien hat eine extrem hohe Arbeitslosenquote. Sie liegt bei 18,9 Prozent – das ist 5,5 Mal so hoch wie in Deutschland, und Armenien liegt damit im Ländervergleich nur einen Platz vor dem Sudan. Warum ich das erwähne? Weil hier viele Menschen einfach nichts zu tun haben. Wie anscheinend auch unser Verfolger.
Wie ein Schatten
Wer als Frau allein reist oder zu zweit, ist eigentlich permanent damit beschäftigt, fremde Männer abzuwimmeln. Das ist nicht charmant, das pusht auch nicht das Ego – sondern es ist einfach nur so unfassbar anstrengend. Ein „Nein“ reicht da meistens nicht aus, sondern es müssen sich Geschichten aus den Fingern gesogen und ausgefuchste Fluchtpläne geschmiedet werden.
Gerade in der Kaukasusregion ist es oft vorgekommen, dass wir verfolgt wurden. Warum genau hier, das weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass Langeweile ein großer Faktor war. So auch an besagtem Tag, als wir Gyumri erkunden wollten.
Schon weniger als eine halbe Stunde, nachdem wir unsere Unterkunft verlassen hatten, bermekten wir, dass sich zu unseren zwei Schatten in der Mittagshitze ein Dritter gesellte. Ein menschlicher Schatten. Er war wirklich wie ein echter Schatten – denn gingen wir schneller, wurde er schneller. Gingen wir langsamer, wurde auch der Schatten langsamer. Blieben wir stehn, verweilte auch der Schatten – ganz in unserer Nähe.
Den Schatten versuchen, abzuschütteln
Unser erster Gedanke war es natürlich, schnellen Schrittes dem Schatten zu entkommen. Aber wie gesagt – der Schatten ging ja unser Tempo mit. Also versuchten wir, möglichst komplizierte Routen durch Gyumri zu laufen und besonders unlogisch abzubiegen und super uninteressante Straßen zu nehmen.
Aber der Typ wohnte ja allen Anschein nach hier – dumm von uns anzunehmen, dass er die Straßen hier nicht kannte. Und schon fing uns das Ganze an zu stressen – ganz davon abgesehen, dass wir ja gar nicht wussten, warum er uns schon seit über einer Stunde hinterherlief. Wir machten ja nichts – wir schauten uns ja noch nichtmal irgendetwas an!
Den Schatten zur Rede stellen
Das wurde mir alles zu doof. Mit einem Ruck drehte ich mich um und ging geradewegs auf ihn zu und konfrontierte ihn mit meinem besten und bösesten Russisch, was er denn wollte. So richtig sagen konnte er das auch nicht, er murmelete irgendwas von interessant wenn fremde Leute in die Stadt kämen und dass er uns die Stadt zeigen wollte.
Haha, dass ich nicht lache – da haben wohl eher wir ihm die Stadt gezeigt. Ich sagte ihm, dass er uns die Stadt fortan nicht mehr zeigen würde. Es schien, dass wir ihn losgeworden waren.
Das Souvenir
Hach war das schön, wir genossen die ersten Minuten ohne unseren Verfolger in vollen Zügen. Er schien es wirklich verstanden zu haben! Doch Moment – was war das?! Da war er wieder – mit einer Plastiktüte in der Hand und steuerte direkt auf uns zu. Als er uns streifte, drückte er uns die Tüte in die Hand.
In der Plastiktüte waren zwei Kühlschrankmagnete mit der Aufschrift „Armenia“. Sozusagen ein kleines Souvenir. Wir wussten gar nicht, ob wir uns jetzt freuen sollten oder nicht. Doch schon bald wussten wir, dass es keinen Grund zur Freude gab – denn der Schatten nahm seine Verfolgung wieder auf.
Den Schatten endgültig loswerden
Unsere größte Sorge war, dass der Verfolger uns bis zu unserer Unterkunft folgen würde. Denn dann wüsste er, wo wir wohnten. Das mussten wir um jeden Preis vermeiden.
Also musste der Masterplan her. Denn was langweilt Männer mehr als alles andere? Genau! Frauen, die sich stundenlang über irgendwelche Sachen unterhalten.
Und das war der Weg zum Erfolg: Wir setzten uns einfach stundenlang in ein Café und quatschten. Zunächst stellte der Schatten sich total unaufällig neben das Café und wartete. Aber da hatte er die Rechnugn nicht mit den Ladies gemacht! Schon nach einer halben Stunde Gequatsche wurde ihm das alles zu langweilig und er dampfte ab. Und wir waren ihn endgültig los. Also Mädels, schlagt die Männer mit euren eigenen Waffen!
2 Gedanken zu „Wie ist es eigentlich so… stundenlang in einer fremden Stadt verfolgt zu werden?“
Wir Frauen wissen uns halt zu helfen ;)… & dafür brauchen wir nicht einmal Equipement. Tolle story!! ♡
Für diesen einen Moment „trainieren“ wir doch extra täglich 😉