Wie sehr kann man sein Volk ausbeuten? Die Ukrainer können es sich ansehen – eine halbe Stunde Fahrt von Kiew, für 1,20 Euro. Ein Märchenschloss, erbaut von ihren Steuergeldern.
Ein Meer aus Picknickdecken und herumtollenden Kindern, Menschen die in der Sonne umherschlendern oder sich neben den künstlich angelegten Flüssen im Schatten ausruhen. Ein paar Rentner, die im Golfcart durch die Gegend fahren und viele Vögel, die zwitschern. Doch wir befinden uns nicht in einem normalen Park – wir befinden uns mitten in einem der größten Korruptionsskandale der Ukraine.
Die Mezhyhirya Residenz befindet sich ca. 30 Autominuten vor den Toren Kiews, im Ort Novi Petrivtsi. Man erreicht sie am besten mit Uber. Hier wohnte einst Viktor Janukowitsch, der sich seinen Märchenpalast und den dazugehörigen 1,6 Hektar großen Park mit Steuergeldern der Ukrainer erbauen ließ. Der Ex-Präsident floh im Februar 2014 ins Ausland – seitdem ist das Symbol für Gier und Korruption geöffnet für die breite Masse.
Das Anwesen ist so riesig, dass es tatsächlich Sinn macht, sich einen fahrbaren Untersatz zu organisieren – Fahrrad, E-Scooter oder Golfcart. Denn das Gelände umfasst ganze 140 Hektar. Ist ja klar, denn irgendwo muss ja der hauseigene Golfplatz, der Yachthafen, der Zoo, der Fußballcourt, die Tennisplätze und der Hubschrauberlandeplatz hin – und das sind jetzt nur einige wenige Dinge, die auf dem Areal zu finden sind.
In der Mitte des riesigen Grundstücks befindet sich die Villa aus Holz, wobei Villa noch untertrieben ist – nennen wir es vielleicht besser Palast. In diesem Palast gibt es 500 Zimmer – darunter eine Sauna, einen Fitnessraum mit eigenem Boxring, eine Bowlingbahn und eine eigene orthodoxe Kirche. Man fragt sich immer wieder – was macht eine einzelne Familie mit so viel?
Draußen geht der Wahnsinn weiter: Ein eigener Zoo mit Straußen, Pferden, Rehen etc. steht bereit, daneben ein Tenniscourt mit Flutlicht, überall gibt es kleine Seen, Flüsse, Wasserfälle – das ganze Anwesen hat einen eigenen Flussabschnitt mit Hafen. Janukowitschs Disneyland ist umgeben von einer fünf Meter hohen Mauer. Während Janukowitsch hier wohnte, gab es sogar ein Flugverbot über dem Areal.
Wenn man so durch den Park schlendert, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus – es ist eine Mischung aus Staunen, Entsetzen und Fassungslosigkeit. Auf dem Weg vom Palast zum Hubscharuberlandeplatz (der zu Fuß allein ca. 20 Minuten dauert) passiert man eine riesige Garage mit einer Sammlung der teuersten Autos der Welt.
Auf dem überdimensionalen Golfplatz haben die Besucher ihre Picknickdecken aufgeschlagen – jetzt kann jeder diesen Reichtum zumindest ein klitzekleines Bisschen auskosten. Eben jenen Reichtum, den sie selbst finanziert haben.