Was liegt zwischen Krakau und Lviv? Und wie spricht man diese Orte aus? Unterwegs in der polnischen Peripherie.
Mit dem Zug von Polen in die Ukraine: One night in Rzeszów
Rzeszów – noch nie gehört? Du bist nicht allein. Die Kleinstadt im Karpatenvorland war unser erstes Ziel. Und alle Polen so: „Warum?“ Weil das halt auf dem Weg liegt. Und so.
Wir nehmen die Regionalbahn von Krakau nach Lviv. Was ist das Worst-Case-Szenario in einem Zug? Vielleicht, wenn zwei alte, gebrechliche Nonnen deine reservierten Sitzplätze blockieren, das ganze Abteil nach Fäkalien und nassem Hund riecht und du genau weißt, dass du noch zwei Stunden Fahrt vor dir hast. Kommt man in die Hölle, wenn man die Nonnen vertreibt und sie dann sauer sind, dass sie nicht zusammensitzen können?
Ach Rzeszów, während ich diesen Beitrag schreibe, kopiere ich mir den Städtenamen immer wieder von oben – ich kann mir einfach nicht merken, wie es geschrieben, geschweige denn ausgesprochen wird. Nach zwei Stunden herumtuckern erreichen wir endlich diese Weltmetropole. Und machen eine sehr freudige Entdeckung: Es ist just an diesem Wochenende Bierfest!
Ansonsten ist es wirklich schnuckelig hier: Eine nette kleine Altstadt, alles fußläufig und ein großes Einkaufszentrum. Und das Coolste: Dadurch, dass hier niemand hinwill, kann man sich kostengünstig ein tolles Hotel gönnen. Das Beste an unserem: Die Minibar war inklusive;-)
Solltet ihr euch jemals hierhin verirren und mehr Zeit mitbringen als wir – es gibt in der Nähe von Rzeszów das kleine Schlösschen Łańcut (deutsch Landshut). Ja, heißt wirklich so. Schon allein vom Namen her wäre ich gerne dorthin gefahren. Aber es geht ohne Łańcut weiter.
Der Versuch, mit einer Mitfahrgelgenheit über die Grenze zu kommen
Nach unserer ersten Zugerfahrung und der Tatsache, dass die Züge in Polen nicht so schnell fahren, versuchen wir eine Mitfahrgelegenheit über die Grenze zu organisieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Fahrer (und alle von denen, die wir kontaktieren) nur Polnisch und Ukrainisch sprechen, wir aber nur mit Englisch und Russisch weiterhelfen können, war es irgendwie klar, dass das platzen würde.
Trotzdem sind wir zumindest für ein paar Stunden im Glauben, eine Mitfahrgelegenheit zu haben. Die dann am Ende nicht kommt. Also stehen wir mit Sack und Pack irgendwo in Rzeszów.
Zweiter Versuch: Mit dem Zug von Rzeszów nach Przemyśl
Nach unserer missglückten Mitfahrgelgenheitsaktion buchen wir Tickets für die S-Bahn von Rzeszów nach Przemyśl. Am gleichen Schalter kaufen wir auch Tickets für die Anschlussfahrt von Przemyśl nach Lviv. Wenn man von Krakau in die Ukraine reisen möchte, führt der Weg immer über Przemyśl. Denn hier muss man den Zug wechseln. Es gibt keinen Zug, der von Krakau nach Lviv durchfährt.
Die Fahrt mit der S-Bahn ist viel angenhemer als zuvor mit dem Regionalexpress. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es hier kaum Passagiere gibt 😉 Nach ungefähr anderthalb Stunden Fahrt kommen wir in Przemyśl an.
Przemyśl: Das Tor zur Ukraine
Przemyśl ist die Partnerstadt von Paderborn. Ich finde, das spricht schon für sich 😉 Was kann man sonst noch über diesen Ort sagen? Es gibt eine hübsche Basilika und wegen der verkehrsgünstigen Lage spielte die Stadt während des ersten Weltkriegs eine wichtige Rolle.
Mit dem Zug über die Grenze: Der Kiev Passenger
Von Przemyśl nach Lviv kommt man mit dem Kiev Passenger. Das ist ein Zug, der mehrmals täglich die ukrainisch-polnische Grenze überquert. Dieser Zug ist viel schneller und moderner als die vorherigen Züge, jeder hat einen festen Sitzplatz und die Fahrt verläuft relativ geordnet. Von Przemyśl nach Lviv dauert es ca. viereinhalb Stunden.
Kurz nach der Abfahrt machen sich polnische Grenzpolizisten daran, die Ausreise abzufertigen. Mit Uniform und Waffe stapfen sie von Passagier zu Passagier und kontrollieren die Reisepässe. Nach zwanzig Minuten Fahrt überfährt man die physische Grenze und der Zug wird von außen durchleuchtet.
Nach diesem „physischen“ Grenzübertritt bzw. Grenzüberfahrt geht es sofort weiter mit der Einreise. Gleiches Spiel noch einmal, nur dass es jetzt ukrainische Grenzpolizisten sind, die durch den Zug laufen und Einreisestempel in die Pässe stempeln.
Insgesamt ein sehr entspanntes Vorgehen – man kann die ganze Zeit sitzen beiben und muss nicht von einem Grenzhäuschen zum nächsten laufen. Ganz anders z.B. beim Grenzübertritt Ecuador-Kolumbien.
Lviv Hauptbahnhof
Danach passiert nichts mehr, bis man letztlich in Lviv ankommt. Der Hauptbahnhf und seine Umgebung sind meiner Meinung nach der hässlichste Teil Lvivs – ich fühle mich für kurze Zeit nach Äthiopien zurückversetzt (liegt aber vielleicht auch an dem Sturzregen, der uns begrüßt). Auch für Unterkünfte/Übernahctungen würde ich diese Ecke nicht unbedingt empfehlen – es sei denn, man muss am nächsten Morgen früh einen Bus oder Zug erwischen.