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Yazd: Auf dem Abstellgleis

Der Mann mit dem spröden Haar, der sagte er sei Ende Zwanzig aber aussah wie Ende Vierzig, rückte eine Sitzreihe auf und sagte „I love you, I’m good husband, good“. Aber Liebe kann man eben nicht erzwingen.

Von Schiraz nach Yazd: Viel Sand und Nichts

Wir waren auf dem Weg von Schiraz nach Yazd. Und wir waren sehr lange auf diesem Weg. Die ursprünglich auf sechs Stunden angesetzte Fahrt endete vorläufig mit einer Buspanne in der iranischen Wüste, irgendwo im Nirgendwo und ganz sicherlich weit weit weg von unserem Zielort.

Isfahan Yazd Bus Reise Erfahrung
Sand und….Sand

Was im Iran aber toll ist: Jeder teilt hier mit jedem das Essen. Es ist ganz normal, seine Sonnenblumenkerne oder Brot an fremde Mitreisende weiterzureichen und wenn man etwas angeboten bekommt, sollte man es auch annehmen. Und ich habe mich sehr schnell dran gewöhnt – bis ich zurück in Deutschland war und schiefe Blicke ernetete. Ja genau, ich laufe immer mit vergiftetem Essen rum.

Warum werden die anderen nicht genervt?

Was im Iran nicht so toll ist: Als europäische Frau fällt man auf. Zwei europäische Frauen fallen doppelt auf. Und werden gerne in Gespräche verwickelt. Was super nett ist, bis es anfängt zu nerven. Wie bei unserem Sitznachbar im besagten Bus mit der Buspanne in der Wüste, weit weit weg von unserem Reiseziel.

Isfahan Yazd Bus Reise Erfahrung
Im Bus, interessante Serie läuft da

Besagter Herr ergriff die Chance, teilte seinen Brotfladen mit uns und lud uns sofort zu sich nach Hause ein. Hörte nicht mehr auf zu reden. Hörte nicht mehr auf, drei Stunden lang. Warum wurde das europäische Pärchen hinter uns im Bus eigentlich nicht genervt?

Isfahan Yazd Bus Reise Erfahrung
Die Straßen sind gut ausgebaut, der Bus anscheinend nicht

Auf dem Abstellgleis

Nach langer Fahrt erreichten wir Yazd und stellten schnell fest, dass der Busbahnhof etwas außerhalb der Wüstenstadt lag. Unser Reisebudget befand sich schon im Endstadium. Der Mann aus dem Bus schlug den Stadtbus vor. „Ist nicht weit“. Nee. Ein Blick ins Portemonnaie. „Ja, ok.“

Wir stiegen also in den klapprigen Bus, außer uns dreien saß keiner drin. Bald sollten wir wissen warum. Noch bevor der Bus startete, fing unser Freund aus dem Bus aber schon das nächste Gespräch an. Er sei ein vermögender Mann, er hätte ein großes Herz und erst vor kurzem seinen 29. Geburtstag gefeiert.

Ja nee, is klar.

Wir lachten, aber der Mann nahm sich selbst todernst. Der Bus fuhr los, er zückte sein Handy und wollte unsere Nummern haben. Nee, haben kein Handy. Haben keine iranische Nummer. Leben auf dem Mond. Und so.

Der Bus hielt kurz, niemand stieg hinzu. Wir fuhren weiter durch ein abgefucktes Industriegebiet und so langsam kamen uns Zweifel. „I love you“. Der Mann blickte mir tief in die Augen und rückte eine Sitzreihe auf. Im Iran. Im öffentlichen Bus. Nun trennte uns nur noch diese gammelige Buslehne und ich konnte die einzelnen Haarsträhnen auf seiner Stirn zählen. Irgendwie freute ich mich in dem Moment das erste Mal, verschleiert zu sein.

Der Bus kam an einer Art Tankstelle zum stehen. Der Busfahrer machte den Motor aus, hoppste aus dem Bus und fing an den Bus mit einem Gartenschlauch abzuspritzen. Ähm. Ja. Ok. Aus meinem Augenwinkel sah ich, wie der Mann Fotos von uns mit seinem Handy machte. Ich schrie wütend (ich weiß gar nicht in welcher Sprache ehrlich gesagt) und fuchtelete mit dem Armen rum. Stand auf und setzte mich zwei Reihen weiter nach hinten.

„I’m a good man, I can take care. I love you, I’m good husband, good.“ Alles schön und gut, aber leider war der Funke immer noch nicht übergesrpungen, sorry. Wann fuhr denn dieser blöde Bus endlich weiter?

Nach 30 Minuten. Und als wir dann endlich mal an einer Haltestelle mit Menschen ankamen, eröffnete uns der Mann, dass dies die Endhaltestelle sei und wir nochmal umsteigen müssten, um zu seinem Haus zu kommen. Ähm, wer hat denn gesagt, dass wir dahinwollen?

Bye bye, meine Liebe des Lebens / Und ja wir beide werden uns nie wieder sehen

Da standen wir nun, Rebecca ich und unser neuer Freund, an der Endhaltestelle und es gab keinen, der uns verstand oder hier rausbringen konnte außer…vielleicht das eine Taxi da ganz hinten auf der anderen Seite des Platzes?

Zack, wir rannten los, riefen Bye und sprinteten mit unseren riesigen Rucksäcken über den kompletten Busbahnhof. Mit Zeichensprache vermittelten wir dem Taxifahrer unser Anliegen, düsten los und hinterließen einen verdutzen Mann mit schütternem Haar und einem halben Brotfladen.

Isfahan Yazd Bus Reise Erfahrung
In den Straßen von Yazd am nächsten Tag

 

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